Dzien dobry Krakau - Von der historischen Altstadt bis nach Ausschwitz

Die ehemals polnische Hauptstadt ist definitiv jeden Besuch wert. Historisch interessant, architektonisch vielfältig, gut ausgebaute Infrastruktur, angenehm entspanntes Flair und eine Menge zu entdecken, Indoor wie Outdoor...

Wir hatten wahnsinnig Glück mit dem Wetter, sodass wir bei 27° Grad im T-Shirt durch die Stadt bummeln konnten.

Am Freitag Abend haben wir ein Uber vom Flughafen zu unserer AirBnb-Wohnung mitten in Kazimierz, im jüdischen Viertel Krakaus genommen. Uber ist in Krakau sehr verbreitet und eine günstige Taxi-Alternative. Innerhalb von 3 Minuten, nachdem ich das Uber über meine App bestellt habe, wurden wir abgeholt. Ich dachte, ich könnte gleich zu Beginn des Wochenendes mein angelerntes Polnisch ausprobieren. Der Uber-Fahrer war aber leider alles andere als kommunikativ, da er aus Tschechien kam und weder Polnisch verstanden noch gesprochen hat. Nicht, dass ich mehr als „Hallo“, „Wie geht’s?“ und „Ich heiße Lotti“ hätte sagen können, aber das wäre ein Anfang gewesen. :-)

 

Ich hatte uns eine Dachgeschoss-Wohnung in einem Altbau gebucht, sehr gemütlich und zentral.

Den Samstag haben wir mit einem Spaziergang durch das jüdische Viertel begonnen, vorbei an Synagogen, von denen heute nur noch eine als solche fungiert, bis zur Weichsel, die uns im Sonnenlicht mit einem Funkeln begrüßt hat. Auf der Suche nach einem netten Frühstücksplätzchen sind wir in dem Café Kolanko No. 6 gelandet, in dem wir es uns im Wintergarten gemütlich gemacht und ein ausgiebiges Frühstücksbuffet genossen haben. Für 22 Sloty pro Person, was umgerechnet 5 € entspricht – für polnische Verhältnisse geht es zwar günstiger, aber man muss en Geiz ja auch nicht übertreiben. Die Polen essen gerne auch am Morgen deftig und so gab es neben Rührei auch Gulasch und herzhafte Salat-Variationen mit Kichererbsen und Sauerteigbrot. Wirklich vielseitig und lecker, insbesondere die süßen Nougat-Snacks zum Ausklang. :-)

 

Gut gestärkt sind wir Richtung Altstadt gelaufen. Wir hatten zwar ein paar „Ziele“, haben uns aber auch treiben lassen, was das Wochenende sehr entschleunigt hat.

Zunächst waren wir auf dem geschichtsträchtigen Wawel-Hügel, der 500 Jahre lang Sitz der Könige des Landes war und auch heute noch eine gewisse „Königlichkeit“ ausstrahlt. Wenn man das Schloss und die Kathedrale besichtigen möchte, bietet es sich an, schon vor Öffnen der Tore dort zu sein, da der Wawel-Hügel die meistbesuchte Attraktion in Polen ist. Entsprechend tummeln sich hier Touristen wie Ameisen. Wir haben uns den von Arkaden gesäumten Innenhof des Renaissance- Königspalastes und die Kathedrale von außen angeschaut. Denn die äußere Fassade ist ein wahrer Blickfang. Das heutige Gebäude ist das dritte seiner Art an dieser Stelle, zwischen 1320 und 1364 errichtet und vereint neben der gotischen Grundstruktur diverse Baustile. In der Kathedrale haben die meisten Krönungen und Beisetzungen polnischer Monarchen stattgefunden. Das Königsschloss, das ursprünglich eine kleine Königsresidenz aus dem 11. Jahrhundert war und stets erweitert wurde, ist heute ein Museumskomplex mit diversen Ausstellungen zu den königlichen Privatgemächern, östlicher Kunst und archäologischen Funden aus der Region um den Wawel-Hügel.

 

Um den Touristenmassen zu entfliehen, sind wir weiter Richtung Altstadt gelaufen, vorbei an einer der ältesten Kirche Krakaus, der Andreaskirche, dessen strenge romanische Fassade vom Ende des 11. Jahrhunderts weitgehend erhalten geblieben ist. In dem winzigen Innenraum der Kirche wird man dann von purem Barock überrascht.

Weiter Richtung Altstadt sind wir direkt am Rynek Glowny, dem großen Hauptmarktplatz Polens (und einige sagen Europas) herausgekommen. 1257 entworfen und noch heute erhalten. Hier lebt Geschichte, auch wenn sich natürlich die umgebenden Gebäude im Laufe der Zeit verändert haben. Auch wenn die Fassaden teilweise neoklassizistisch wirken, ist die Bausubstanz teilweise deutlich älter – Der Bau der Kellerräume reicht bis ins Mittelalter zurück. Wir sind zunächst durch die bekannten Tuchhallen mit diversen Ständen geschlendert, die im 14. Jahrhundert als Stoffhandelszentrum gedient haben. Allerdings sind wir hier auch genauso schnell wieder vor den Touristenströmen geflohen und haben lieber den Rathaus-Turm bestiegen. Der Turm ist das Einzige, was von dem Rathaus aus dem 15. Jahrhundert noch übrig ist. Steile, unebene Treppenstufen führen im Dunkeln nach oben. Jeden Schritt wert, denn von hier hat man einen gigantischen Blick in alle vier Himmelsrichtungen. Man überblickt die Häuserdächer, sieht das Königsschloss und die Kathedrale in der Ferne, diverse Kirchtürme (kommt fast an Prag heran). Vor allem die Marienkirche an der Ostseite des Hauptmarktes fängt die Blicke ein. Der Bau wird von zwei ungleichen Kirchtürmen dominiert – Ein Glockenturm mit Renaissance-Kuppel und ein traditioneller Wachturm. Jede Stunde erschallt von hier das sogenannte hejnal mariacki, ein Trompetensignal, das nacheinander in alle Richtungen geblasen wird. Was im Mittelalter als Alarmsignal fungierte, ist mittlerweile eine Tradition. Die Melodie bricht heute mittendrin ab, was auf eine Legende zurückgeht, die besagt, der Wachmann wurde während eines Angriffs der Tataren von einem Pfeil im Hals getroffen, wodurch das Signal im selben Moment erlosch. Legenden über Legenden…

 

Weiter durch die kleinen Nebengassen auf der Suche nach einer Erfrischung sind wir vorbei an dem schönen Gebäude des slowakischen Theaters bis zu der ehemaligen Stadtmauer geschlendert. Bei einer Cola haben wir unsere Beinchen ein wenig ausgeruht, bevor wir weiter zu der einen Katzensprung entfernten Barbakane und dem Florianstor gelaufen sind. Die Barbakane ist eine Ziegelbastion mit sieben Wachtürmen, ein Überbleibsel der mittelalterlichen Befestigungsanlage. Zu ihr gelangt man durch das Florianstor, das einzige der ursprünglich acht Stadttore, das heute noch wie bei seiner Errichtung im 13. Jahrhundert erhalten geblieben ist, von kleineren Ergänzungen im Nachhinein abgesehen.

 

Energiegeladen wie wir sind :-), haben wir uns weiter Richtung Collegium Maius begeben, einem Teil der alten Universität und gleichzeitig das älteste noch existierende Universitätsgebäude Polens. Ein schönes Beispiel der gotischen Architektur. Besonders der arkadenreiche Innenhof lebt von einer meditativen Stille. Wer kennt ihn nicht, den Kopernikus? Er soll sich hier an einigen seltenen astronomischen Instrumenten probiert haben. Im Garten findet man einige „Instrumente“, für die es mehr oder weniger Zeit braucht, bis man sie durchdringt. Zum Glück hatten wir Marc dabei, der manche Dinge simpel wie sie sind (oder auch nicht) sofort versteht. :-)

 

Im Anschluss hatten wir uns eine der Milk Bars in der Innenstadt rausgesucht, denn hier kann man unter Einheimischen die sogenannten Pierogi (zu Deutsch Piroggen) essen, eine polnische Version von Maultaschen. Diese gekochten oder gerösteten Teigtaschen gibt es herzhaft und süß – von Kraut, Zwiebel- und Pilzfüllung, Kartoffel, und Fleisch bis hin zu süßer Weißkäse- und Heidelbeerfüllung. Die Milk Bar wirkt ein wenig wie eine Kantine, man schnappt sich ein Tablett, bestellt eine der typischen Pierogis, Kartoffelnudeln oder Gulasch-Variationen und bekommt sie sogleich aus der Großküche im Hintergrund serviert. Ein authentisches Erlebnis.

 

Auf dem Weg „nach Hause“ haben wir einen netten Kaffee-Stopp auf einem der Boot-Cafés eingelegt. Ruhig schaukelt hier Boot an Boot und zieht Einheimische wie Touristen an den Fluss. An der Weichsel entlang sind wir dann zurück zu unserem AirBnb gelaufen, haben uns ein bisschen ausgeruht und ich war eine Runde joggen während Marc sich ein nettes Restaurant für den Abend ausgesucht hat.

 

So haben wir den Tag bei der in Marcs Worten „besten Entenbrust überhaupt“, Roter Beete Suppe und Kartoffelnudeln ausklingen lassen. Die Temperaturen haben es zugelassen, auch um 21 Uhr noch wunderbar draußen zu sitzen. Auf dem Weg nach Hause hat kein Weg an dem aktiven Night Foodmarket vorbeigeführt: Ein süßes Trdelník zum Abschluss, bevor wir mit vielen Eindrücken im Gepäck in unsere Betten gefallen sind. Trdelník ist ein traditionelles Gebäck, ursprünglich aus der Slowakei, das auf Stangen gerollt und über dem offenen Feuer gebacken wird, bevor man es mit geschlagenem Eiweiß und Zucker perfektioniert.

 

Am nächsten Tag stand Ausschwitz auf unserem „Programm“. Kein freudiges Erlebnis, aber ein wichtiges Ereignis jüngster Geschichte. Da waren wir uns einig. Mit dem Zug sind wir vom Hauptbahnhof bis nach Ausschwitz gefahren und dann anderthalb Kilometer bis zum Konzentrationslager Ausschwitz I gelaufen. Es gibt noch 30 erhaltene Gefängnisblöcke, in denen heute Ausstellungen untergebracht sind. Wir haben uns aufgrund von Zeit und Kapazität entschieden, lediglich Birkenau (=Ausschwitz II) zu besichtigen. Ein Shuttle Bus hat uns in 5 Minuten zu dem von Stacheldraht umzäunten Gelände gefahren. Fälschlicherweise glauben viele, der Völkermord an den Juden hätte in Ausschwitz I stattgefunden. Die Wahrheit ist, dass Birkenau das etwa 2 Quadratkilometer Lager war, in dem die Juden bedingungslos ermordet wurden. Hier standen einst 300 Gefängnisbaracken und vier große Gaskammern mit den dazugehörigen Krematorien. Es ist das Vernichtungslager, das einen noch heute rein bei dem Gedanken an diese menschenlosen Taten bitterlich erschreckt. Für 200.000 Gefangene gab es hier Kapazitäten, in Baracken mit kleinen Löchern als Toiletten wurden vorrangig Juden festgehalten, teilweise zur Arbeit genutzt, teilweise direkt nach Ankunft mit dem Zug in eine der Gaskammern verfrachtet. Es herrscht eine bedrückende Stimmung, wenn man über dieses weitläufige Gelände läuft. Denn obwohl die fliehenden Nazis einen Großteil des Vernichtungslagers zerstören konnten, erinnern die Stacheldrähte, die Wachtürme, die vielzähligen Schornsteine (die als einziges Überbleibsel der Baracken erhalten geblieben sind) und vor allem die Ruinenreste der gesprengten Gaskammern und Krematorien an diese menschenlose Untat.  Das Geschehene ist einfach nicht vorstellbar, zu grauenhaft, um es wahrhaben zu wollen.

Am hinteren Ende des Lagers liegen Steinplatten als Denkmal an die vielen Menschen, deren Leben hier geendet hat. In jeder Sprache steht geschrieben: Dieser Ort sei allezeit ein Aufschrei der Verzweiflung und Mahnung an die Menschheit. Hier ermordeten die Nazis etwa anderthalb Millionen Männer, Frauen und Kinder. Die meisten waren Juden aus verschiedenen Ländern Europas.

Ausschwitz – Birkenau 1940 – 1945

 

Ich muss sagen, dass ich nach guten zwei Stunden froh war, das Vergangene Vergangenes sein lassen zu können. Natürlich kann man hier einen ganzen Tag verbringen, sogar zwei, wenn man sich alle Ausstellungen detailliert ansehen möchte. Für mein Empfinden hat unser Besuch ausgereicht, um einen Eindruck zu erhalten, der Schrecklichkeit und Absurdität ein Bild zu geben, wenn es auch, egal wie lange man hier verweilt, unmöglich ist, ein Verständnis dafür aufbringen zu können. Die Frage nach dem „Warum“ bleibt unbeantwortet.

 

Nachdem wir uns im Anschluss noch einige Tafeln, z.B. über einen Briefwechsel zwischen einem Gefangengen und seiner Familie durchgelesen haben, sind wir mit dem Bus zurück nach Krakau gefahren. Während Claudia und Marc als Kontrastprogramm ein wenig durch das moderne Shopping-Center am Hauptbahnhof gebummelt sind, bin ich noch ein bisschen durch Straßen, Gassen und Parks gelaufen, die wir am Vortag noch nicht gesehen hatten. Was für eine schöne und sehenswerte Stadt. Ich kann nur sagen: Idź po to ( = “Go for it“ auf Polnisch :-)).

 

Am Abend sind wir mit einem Uber zurück zum Flughafen gefahren und mit einer dreiviertel Stunde Verspätung gerade noch rechtzeitig vor Flugverbot in Hamburg gelandet.

Vielen Dank für das schöne Wochenende, Claudi und Marc!

 

Ein paar bildliche Eindrücke findet ihr hier: 

https://photos.app.goo.gl/AC2qgZX6ksZ0HOT03

 

Danke für euer Interesse.

Liebe Grüße

Eure Lotti