Reiseleiterin in Westkanada. Private Tour mit Kim und Yoon aus Südkorea

Arym-Da-Da (Zumindest der Aussprache nach wird es auf diese Weise geschrieben! :-))
Zu Deutsch: „Wunderschön“. Das war es. Rundum. Eine unbeschreiblich bereichernde, entspannte, muskelfördernde Woche in den Rockies mit Kim und Yoon. Gott sei Dank nennt man sich in Korea beim Nachnamen. Denn die Vornamen hätten mir deutlich mehr Schwierigkeiten bereitet.  
Ein bescheidenes, höfliches und liebes Pärchen. Und so leicht zu beeindrucken. Aber bloß die Kamera nicht vergessen. Denn diese wird an jeder möglichen Kurve eingesetzt. Geschätzte 1.300 Fotos alleine vom Lake Louise. Davon 600 mit Kim drauf, 200 mit Yoon, 400 gemeinsam und 100 rein von der Landschaft. Ich habe einiges über meine Qualifikationen als Fotografin gelernt...

Aber beginnen wir am Besten am Anfang: Am Sonntag lernen wir uns, wie üblich, um 18.30 Uhr in Calgary bei einem gemeinsamen Abendessen im Hotelrestaurant kennengelernt . Es gibt drei Auswahlmöglichkeiten: Alberta Steak mit Pommes, Spagetti Bolognese oder glutenfreie Gemüsepasta. Wir wählen alle Drei etwas Unterschiedliches und die Beiden erklären mir, dass sie sich im Urlaub grundsätzlich das Essen teilen und daher nie das Gleiche bestellen. Schüchtern, aber freundlich sind Kim und Yoon. Ich erzähle viel, frage viel und erläutere ihnen die kommenden 8 Tage. Glücklich und noch müde vom Jetlag sagen sie „Ja und Amen“ zu allem und um kurz vor 8 verabschieden wir uns. Das große Hotelbett ruft. Ich fahre nur noch schnell tanken und vertiefe mich dann in mein Buch. 

06:45 Uhr: Mein Wecker klingelt. Ich rolle mich langsam aus dem viel zu gemütlichen Hotelbett. Um 07:30 Uhr stehen Kim und Yoon in der Hotellobby bereit und wir gehen gemeinsam frühstücken. Yoon konnte die Nacht kaum schlafen. Vor Aufregung, wie er sagt. Ist das niedlich. Da dachte ich, das passiert nur Kindern oder Frauen.  
Um 09:00 Uhr fahren wir los, 130 km nach Banff. Den schwarzen Crysler, den ich auf dieser Tour statt dem Tourbus fahre, habe ich Maskma getauft, das First Nation Cree-Wort für „Bär“.
Erster Stopp. Tim Hortons in Canmore. Wenn schon Kanada, dann auch kanadisch. Dort schnappen wir uns einen Bagel und fahren weiter an den Minnewanka Lake. Hier steht unsere erste kleine Wanderung an. 6 km und knappe 100 m Höhenunterschied. Die Sonne lächelt uns zu und ein Weißkopfseeadler behütet sein Nest im Baumgipfel am See. Wir machen viel Lärm, da die Region unter anderem für Beeren und folglich Bären bekannt ist. Mittlerweile habe ich ganze Rhythmen mit meinen Wanderstöcken kreiert. 

Nach unserer kleinen Wanderung fahren wir zum bekannten Banff Spring Hotel, das heute im Besitz der Fairmont-Hotelkette ist. Kim und Yoon sind von dem Bau und den umliegenden Bergen beeindruckt. Sie entscheiden sich spontan, die Gondel auf den Gipfel des Sulphur Mountains zu nehmen, da die Sicht an diesem Tag ein Traum ist. Auf dem Weg dorthin entdecken wir einen männlichen Wapiti-Hirsch mit einem stolzen Geweih. Knappe 48 Fotos. Nach zwei Stunden kommen die zwei strahlenden Gesichter mit der Gondel zurück. Sie sind erfüllt. Ich freue mich und finde es einen angemessenen Zeitpunkt, in unser Hotel zu fahren. Brewster Mountain Lodge in Downtown Banff. Wir besprechen den morgigen Treffpunkt inkl. Uhrzeit und ich gebe ihnen ein paar Restaurantempfehlungen an die Hand. Den Rest des Abends verbringe ich mit einem Spaziergang am Bow River und im Hotel und frische mein Wissen zur Flora und Fauna der Region auf.

 

07:00 Uhr: Mein Wecker klingelt.
07:30 Uhr: Gemeinsames Frühstück im Hotel. So langsam lockern Kim und Yoon auf, wenn auch nur zu 35%. Das soll sich jedoch im Laude des Tages ändern.
08:45 Uhr Abfahrt. 20 Minuten ins Sunshine Valley. Heute stehen 19 km und 650 Höhenmeter auf dem Tagesplan. Die Beiden wirken etwas nervös und fragen dreimal nach, wie steil der Weg sei. Die Wanderung vom Sunshine Valley zum Healey Pass ist so wunderschön, besonders die alpinen Seen vor den gigantischen Bergketten, gesäumt von alpinen Wiesen- und Blumenfeldern. Da werden Kilometer und Höhenmeter plötzlich irrelevant.
Gegen 15.30 Uhr kommen wir wieder am Auto an, mit im Fluss gewaschenen frischen Füßen. Herrlich. Wacker geschlagen, keine kleine Wanderung für den zweiten Tag. Aber die Beiden sind fit. Die Hot Springs lassen sie jedoch sausen und freuen sich stattdessen auf eine Dusche und Relaxen im Hotelzimmer.

Mittwoch Morgen fahren wir nach dem Frühstück samt Gepäck an den bekannten Lake Louise. Touristenattraktion Nummer 1 der kanadischen Rockies. Daher hatte ich vorgeschlagen, früh aufzubrechen und so haben wir den türkisfarbenen Gletschersee um 8:00 Uhr tatsächlich noch fast (!) für uns alleine. Nach 289 Fotos aus allen Winkeln beginnen wir den Little Beehive zu besteigen. 4,2 km one way, 405 Höhenmeter. Mit einem gigantischen Blick von oben auf den Lake Louise machen wir ein Picknick und wandern anschließend zum Lake Agnes Teahouse, um dort einen frisch gemahlenen Kaffee zu trinken. Die Beiden haben offensichtlich noch nicht genug (5 km sind ja auch ein Witz gegen 19 vom Vortag!) und so klettern wir weiter auf den Big Beehive. Weitere 1,6 km und 135 Höhenmeter. Aber jeden Schritt wert. Erneut ein toller Blick auf Lake Louise, aber vor allem auf die umliegenden Gletscher. Insgesamt legen wir an diesem Tag 13 km zurück. Ich finde es wahnsinnig luxuriös, nur mit zwei Personen zu reisen, da ich ihnen (fast) jeden Wunsch erfüllen kann, ohne abzuwägen, ob damit 10 andere Personen auch einverstanden sind.

Am Donnerstag fahren wir nach dem leckeren Frühstücksbuffet zum Emerald Lake. Die Wolken werden auf der 40-minütigen Fahrt immer dunkler und dunkler. Auf dem Weg stoppen wir an dem Spiral Tunnels Viewpoint. Der Tunnel wurde 1909 fertiggestellt und sollte die vielen Unfälle, die zuvor auf dem direkten Weg über den Berg (4,5% Steigung) passiert sind, minimieren. Mit Erfolg. Mit nun nur 2,5% Steigung und einem spiralförmigen Tunnel können die Züge den Berg einfach(er) überwinden.
Nachdem wir im strömenden Regen am Emerald Lake ankommen, ziehen wir uns im Auto regenfest an und laufen an den See. Gewitterwolken links und rechts. Aber wir sind in den Rockies. Das kann nach 20 Minuten schon ganz anders aussehen. Und so soll es dann auch geschehen. Also machen wir uns wie geplant auf den Weg zum Yoho Lake. 14 km, 350 Höhenmeter. Auf dem Weg passieren wir zwei Wasserfälle und machen viele Foto- und Wasserstopps, manchmal am Fluss, um unser Gesicht zu erfrischen, manchmal zum Trinken und manchmal einfach nur, um zu genießen. Am Yoho Lake angekommen, essen wir unsere Sandwiches und erfreuen uns an dem Blick auf die umliegenden Berge und den grün schillernden See.
Nach der Wanderung geht es weiter zu den Takkakaw Falls, die zweithöchsten in Kanada. Sie werden von dem Schmelzwasser des Daly Gletschers gefüttert – beeindruckende Wassermengen, die dort hinunterschiessen. Da staune ich jedes Mal aufs Neue.
Abends gehen wir gemeinsam im Restaurant „The Station“ essen. Es ist an dem ehemaligen Bahnhof von Lake Louise gelegen. Heute halten die Züge hier nicht mehr, sondern sausen direkt an deinem Tisch vorbei. Rustikale, besondere Atmosphäre und köstliches Essen. Die Beiden bestehen darauf, mich einzuladen.

 

Am nächsten Tag steht der lange „Fahrtag“ an. 230 km die berühmte Icefield Parkway entlang. Den Tag beginne ich mit einem Geschenk für die Beiden. Denn es ist der 1. Juli und folglich Canada Day. Seit 1. Juli 1867 ist Kanada dank des Constitutional Acts offiziell eine Nation, wenn auch damals erst mit drei der heute 10 Provinzen. Keine Sorge, ich trällere ihnen nicht die Nationalhymne als Geschenk vor, sondern überreiche ihnen einen kleinen Kanada-Schlüsselanhänger. 100 Punkte. Ich freue mich, dass sie sich so darüber freuen.

An dem Tag, an dem wir die Icefield Parkway bis nach Jasper fahren, lege ich grundsätzlich viele Stopps ein, da es von gigantischer Natur geradezu wimmelt: Bow Lake, Peyto Lake, Mistaya Canoyn, Howse Pass, eine 1,5-stündige Wanderung an den Saskatchewan Gletscher heran und das Columbia Icefield Centre, von dem aus wir zum Athabasca Gletscher laufen. Die Beiden wollen gerne die Bustour mitmachen, die einen bis auf den Gletscher fährt, sodass man auf diesem laufen und sich Gletscherwasser abzwacken kann. Im Anschluss geht die Tour noch auf eine verglaste Aussichtsplattform mit Blick in ein 300 m tiefes Tal. Also hatte ich den Beiden am Vortag Tickets online besorgt, setze sie in den Bus gesetzt und verbringe drei Stunden am und um den Athabasca Gletscher. Ich gönne mir ein Käffchen im Icefield Centre und frische mein Wissen über die kommenden Tage in Jasper auf. Ich bin erstaunt, wieviel ich aus der letzten Saison erinnere, aber man lernt nie aus. Und ich mit meinem Anspruch, alles beantworten zu können, sowieso nicht.  Yoon und Kim sind begeistert von der Tour und schlafen vor Erschöpfung auf den letzten 100 km bis nach Jasper im Auto ein. Zusammenfassend taufen Yoon und Kim den Tag den „WOW-Day“. Egal, wo man hinschaut, einfach nur „Wow“. Ich stimme ihnen zu und finde es niedlich, wie doll sie sich an der Natur erfreuen können. Das erlebt man nicht mit jeder Gruppe. Gegen 17.30 Uhr kommen wir im Hotel an. Später fahre ich sie ins "Fiddle River" im Zentrum, in dem ich ihnen einen Tisch zum Abendessen reserviert hatte.


Am Samstag schlafen wir mal richtig aus. Wir fahren erst um 09.00 Uhr los. :-) Die Beiden werden wirklich mit jedem Tag müder und wo sie sonst von alleine um 06.00 Uhr aufwachen, war es ihre Idee, an diesem Tag ein wenig später zu starten, d.h. um 9.00 statt um 08.00 oder 08.30 Uhr. An mir solls nicht liegen.

 

Den Samstag verbringen wir am Maligne Lake und Maligne Canyon. Auf dem Weg dorthin begegnet uns ein Elch auf der Straße. Das ist natürlich das erste Highlight an diesem Tag. Da sich Yoons Knie ein wenig beklagt, machen wir nur eine kurze Wanderung auf flachen Wegen. Im Anschluss miete ich ein Kanu für die Zwei und sie paddeln ein Stündchen auf dem zweittiefsten Gletschersee der Welt. Danach setze ich die Beiden an der ersten Brücke des Maligne Canyons ab und sammele sie an der letzten Brücke mit dem Auto ein. So können sie bergab wandern und müssen den Weg nicht bergauf zurückgehen. Das kommt ihnen sehr entgegen. :-)
Um halb 4 sind wir wieder im Hotel. Freizeit. Zumindest für Yoon und Kim. Bis um 18.00 Uhr. Ich kaufe währenddessen für unsere Grillparty am Pyramid Lake ein: Gemüse, Steak, Würstchen, Brot, Sauce, Holz und Bier. Um 18.00 Uhr fahren wir an den nahe gelegenen See und verbringen einen wunderbaren Abend am Feuer. Es ist das erste Mal, dass die Beiden in der Natur über einem Feuer grillen. Sie sind hin und weg. Ich werde nie vergessen, wie herzlich und echt sich die Zwei freuen können. Auf so eine bescheidene, höfliche und liebenswürdige Weise. 
 

Heute brechen wir um 08.30 Uhr in Jasper auf. 400 km bis nach Calgary, natürlich mit einigen Stopps: Athabasca Falls, Sunwapta Falls, Parker Ridge Wanderung (5 km, 250 Höhenmeter) und am Moraine Lake. Obwohl wir die Icefield Parkway bereits am Freitag gefahren sind, wird diese Strecke nicht langweilig. Nicht für die Gäste und auch nicht für mich. Die Berge sehen von der anderen Seite eben doch anders aus. Jedes Mal entdeckt man etwas Neues und das massive Columbia Eisfeld mit den umliegenden Gletschern ist schlichtweg beeindruckend.


Die Parker Ridge Wanderung wird ebenfalls nicht langweilig. Die Sicht von dem Bergkamm direkt auf den Saskatchewan Gletscher ist einzigartig und der eisige Wind (2.250 m hoch, über der Baumgrenze und folglich kein Windschutz) gibt dem Ganzen ein authentisches Gefühl. Unsere Sandwiches essen wir, wie am Freitag, an unserem Picknickplatz in einem versteckten Canyon.
 
Aufgrund von einigen Straßenarbeiten kommen wir erst um kurz vor 7 im Hotel an. Wir bringen einen schnellen Abschied hinter uns, da ich ihnen bereits vor ein paar Tagen gesagt hatte, dass ich Abschiede nicht besonders mag. 
Sie drücken mir ein großzügiges Trinkgeld in die Hand und ich überrumpel sie mit meiner hastigen Umarmung. Körperkontakt ist in Korea eher unüblich. Sie flüstern mir zu, dass wir in den 8 Tagen zu einer Familie geworden und sie sehr dankbar für die bereichernde Zeit sind. Wir winken uns noch dreimal zu. 
Vielleicht werde ich sie tatsächlich eines Tages in Südkorea besuchen. Sag niemals nie.


Morgen früh fahre ich nach Spruce Grove ins Guidehaus zurück, werde das Auto ausräumen, säubern und zurückbringen (Leasing-Auto) und habe dann ein paar Tage frei. Anna, Raquel und Elli werden auch da sein. Vielleicht gehen wir wandern. Ich kann nicht genug kriegen von dem wundervollen Kanada!!!

 

Bis ganz bald, ihr Lieben.
Alles Liebe von eurer Lotti.