8 Tage Wandern im romantischen Südwesten Englands

Viele kennen es aus den Rosamunde Pilcher-Filmen – traumhaft schöne Küstenlandschaften, steile Sandstein- und Schieferklippen, verlassene Buchten, endlose Sandstrände und tobende Wellen, die Surfer und Familien anlocken, charmante Fischerdörfer mit schmalen Gassen, in denen selbst ein Kleinwagenfahrer sein Auto wie seine Westentasche kennen sollte, saftig-grüne Schafs- und Rinderweiden, Herrenhäuser mit romantischen Gärten mit Rhododendren und Hortensien in diversen Farbvarianten, Wildblumen en masse, verlassene Zinnminen und Burgruinen und ausgeglichen-fröhliche Kornen. Hier lässt es sich aushalten!

Zunächst habe ich die Grafschaften Cornwall, Devon und Dorset eigenständig erschlossen, um meine Reisegäste, die ein paar Tage später anreisen würden, sicher und selbstbewusst an die schönsten Orte der Region zu entführen. Das war intensiv und herrlich zugleich. Was hält mich im Hotel, wenn ich das Meer in der Ferne rauschen und die Schafe mähen höre, die Wildblumen rieche und in meinen Beinen die Wanderlust kitzelt?

 

So habe ich mir, nachdem ich auf dem Miniaturflughafen von Newquay gelandet bin, meinen Mietwagen geschnappt und die Grafschaft Cornwall in den Folgetagen intensiv eingesogen: Von der Meganporth Bucht in das niedliche und kulinarisch interessante Fischerdorf Padstow über die Steilküste der Bedruthan Steps, an der man herrlich und ewig wandern kann bis nach Boscastle, von wo ein 8 km langer Wanderung bis zum Tintagel Castle führt, einer Burgruine, die einst Geburtsort und Heimat von King Arthur gewesen sein soll.

In jeder Bucht steckt eine goldene Perle und hinter jeder Ecke geht ein Küstenwanderweg los – Bereits nach dem ersten Tag war ich hin und weg von dieser wundervollen Landschaft! Dazu kommt, dass die Sonne mein bester Freund und das Meer in ein romantisches Türkis getaucht hat, an dem ich mich nicht satt sehen konnte.

Außerdem habe ich mir im Rahmen der Vorerkundung den Landschaftsgarten Trellissick Garden angeschaut, die Gezeiteninsel St. Michael´s Mount, die ein Schloss, eine Kapelle und einen riesigen Garten beherbergt, früher Eigentum der Adelsfamilie Baron St. Levan, seit den 50er Jahren im Besitz des National Trust. Weiter ging es mit dem niedlichen Ort Mousehole mit seinen vielen kleinen Gassen und den 3.500 Jahre alten Steinkreis Merry Maidens, der aus 19 Megalithen besteht und folgender Legende zugrunde liegt: Die Megalithen verkörpern 10 Jungfrauen, die sich an einem heiligen Sonntag auf diesem Feld tanzend vergnügt haben und als Strafe versteinert wurden. Who knows. Wir haben jedenfalls die Jungfrauen nachgeeifert und freudig in einem Kreis getanzt – es war ja auch kein Sonntag. :-)

 

Weiter habe ich das Minnack Theater besichtigt, bin die steilen Stufen bis in die Porthcurno Bucht hinabgestiegen (absolut beeindruckende Kulisse – Ein Muss!) und den Küstenwanderung Richtung Tater-du Leuchtturm gelaufen. Die Küstenstraße von Land´s End über das Cape Cornwall bis nach St. Ives zurück nach Newquay hat meine Vorerkundung so richtig fein abgerundet. Newquay selbst ist ein idealer Knotenpunkt für Ausgangsziele in die Umgebung, dadurch aber ein recht touristischer Ort, Surferparadies und Shoppingmeile. Dennoch habe ich ein paar nette, nicht zu überladene und exklusive Restaurantmöglichkeiten für meine Gäste entdeckt, die sich mit den schönen Seiten Newquays gut verbinden lassen. Ich könnte gar nicht sagen, was mir in Cornwall am besten gefallen hat. Ich habe mich einfach stetig an der atemberaubenden Landschaft und den offenen, herzlichen Kornen gefreut und war sehr glücklich darüber, dass ich all diese Orte noch einmal mit meinen Reisegästen erleben darf!

 

Nachdem ich die Grafschaft Cornwall gut erkundet hatte, bin ich nach Exeter geflogen, um die nächsten Tage die Grafschaften Devon und Dorset, die ebenfalls Teil der Reise sein werden, zu erkunden. Besonders die Küstenlandschaft um Lyme Regis hat es mir angetan. Von dem kleinen Fischerort Lyme Regis startet die erste Wanderung, die ich zwei Tage später mit den vier Reisegästen gemacht habe: 12 km entlang des South West Coast Path bis in den kleinen Küstenerholungsort Seatown. Die Wanderung führt vom Hafen, entlang der Straße, durch den Wald, über einen Golfplatz bis in den nächsten Wald, durch verwinkelte Gassen bis an eine Bucht, die Küste entlang, steil auf das Golden Cap, hinunter an die Klippen, über Kuhweiden bis an die Bucht von Seatown. Es war traumhaftes Wetter und ich habe mich während der intensiven Wanderung bei Meeresrauschen und strahlender Sonne so sehr darauf gefreut, diese Wanderung zwei Tage später mit meinen Gästen teilen zu können.  

 

Abends habe ich die Stadt Exeter, in der ich mit den Gästen zwei Nächte übernachten werde, auskundig gemacht, Speisekarten von Restaurants studiert, die Kathedrale angeschaut und mir eine Orientierung in der 30.000 Einwohner-Stadt verschafft.

Am nächsten Morgen bin ich nach dem Frühstück in den Dartmoor Nationalpark gefahren, habe auf dem Weg in einem typisch britischen Dartmoor-Dorf mit Reetdachhäusern gestoppt und mich anschließend auf einen wundervollen 8 km Wanderweg begeben. Der Weg startet an den bekannten Haytor Rocks, auf 450 m Höhe liegenden Granitfelsen, führt durch weitläufige Weidelandschaften, die immer wieder von riesigen Granitfelsen und mittelalterlichen Häuserruinen gesäumt werden, führt durch Kolonien von freundlich lila-blühenden Hasenglöckchen und über sogenannte Clapper-Bridges, uralte Brückenkonstruktionen aus in diesem Fall großen flachen Granitplatten, die ohne weiteres Baumaterial stabil und in die Natur eingebettet sind.     

 

Gegen 15.00 Uhr habe ich meine vier Reisegäste in unserem Bed & Breakfast in Empfang genommen, mich persönlich vorgestellt und sie in ihre Zimmer gebracht. Das Kennenlernen war sofort herzlich und nett. Mein Vorschlag, ihnen noch ein wenig Exeter zu zeigen und im Anschluss gemeinsam essen zu gehen, hat ihnen zugesagt und so haben wir einen ersten netten Nachmittag/Abend verbracht.

Die Woche mit Brigitte, Gerhardt, Christa und Angelika war wunderbar.

Die Gruppe war eine absolute „Genießer-Gruppe“, was uns zu dem selbst erkorenen Spitznamen „Slow Dream Group“ geführt hat. Pure Entschleunigung. Jede Wanderung hat genug Möglichkeit geboten, für uns ungewöhnliche, in England beheimate Pflanze zu betrachten und fotografieren.

 

Die Grafschaften Cornwall, Devon und Dorset leben von der Küste, den Strandbuchten, Fischerdörfern und den tobenden Wellen. Wir haben traumhafte Küstenwanderungen gemacht, Burgruinen und verlassene Zinnminen auf dem Weg besichtigt und 180 Millionen alte Fossilien an der Jurassic Küste gesucht (und teilweise gefunden). Ein Meerschwamm liegt nun in meinem Badezimmer. :-)

Alleine in Cornwall kann man über 400 km auf dem South West Coast Path entlangwandern. Das haben wir zwar nicht ganz geschafft, aber wir sind jeden Tag an einen anderen Küstenabschnitt gefahren und zwischen 8 und 14 km gewandert. Und das Schöne ist, dass der Weg nicht bloß auf einer Ebene geradeaus geht, sondern bergauf- und ab, hinunter in die Bucht, hinein ins Fischerdorf, hinauf an die Klippen und wieder hinunter ans Meer. Das macht jeden Abschnitt besonders. Und für meine Botaniker-Liebhaber gab es wie gesagt an jedem Tag mindestens drei neue Pflanzen und Blumen zu entdecken.

 

Ein Highlight für die Vier war der Besuch des Trelissick Gardens. Hinter dem Namen verbirgt sich ein Anwesen aus dem 16. Jahrhundert inklusive eines riesigen Landschaftsgartens, der neben heimischen Arten dank des milden Klimas auch viele suptropische  und fernöstliche Gewächse beherbergt. Neben Rhododendren und Hyazinthen findet man folglich auch Yuccas und Baumfarne. Das Anwesen ist seit seinem Bau 1750 in Familienbesitz, wurde aber 1955 dem National Trust zur Pflege übergeben. Der National Trust ist eine gemeinnützige Organisation in England, Wales und Nordirland zum Schutz von Natur- und Kulturgut, und mit über 4 Mio. Mitgliedern die größte Europas. Wir haben das Haus mit den vielen jahrhundertealten Original-Gegenständen besichtigt, sind durch den riesigen Garten geschlendert und haben jeden Baum und jede Pflanze angeschaut, berochen und analysiert. Auch ich habe eine Menge über Botanik gelernt. Und auch das macht diesem Job so besonders – Man lernt mit jeder Reise etwas Neues kennen und erweitert so kontinuierlich seinen Horizont.

 

Mein persönliches Highlight war die Küstenwanderung vom Minack Theater nach Mousehole. Das Minack Theater ist ein um 1930 erbautes Freilichttheater direkt an einer Steilklippe gebaut. Eine Dame namens Rowena Cade hat es zu ihrem Lebensziel gemacht, ihr Privatanwesen in ein Freilichttheater umzubauen. Und es ist ihr auf beeindruckende Weise gelungen.

In die Steinsitze wurde jedes Stück, das hier seit Eröffnung aufgeführt wurde, mit Jahreszahl eingeritzt. Vor allem Shakespeare-Werke werden hier aufgeführt. Bei der Kulisse würde ich mir tatsächlich nochmal Macbeth oder Othello ansehen. Oder Romeo und Julia? Auf jeden Fall ein Grund, wiederzukommen.

Wir Fünf waren oft abends zusammen essen. Es war sehr angenehm, dass sich jeder mit jedem gut und unkompliziert verstanden hat, als würde man sich schon ewig kennen, was dazu geführt hat, dass ich bereits am zweiten Tag das Gefühl hatte, wir wären eine kleine reisende Familie.

 

Am Abschiedsabend wurde ich mit zwei wunderschönen Tüchern (bunt und Schmetterlinge, da hat mich jemand gut beobachtet :-)), einer liebevollen Karte und Trinkgeld beschenkt. Und Gerhardt hat mich mit seinen Worten „Ich bin schon viel gereist, aber du, Lotti, bist für mich die beste Reiseleitung ever“ zu Tränen gerührt. Und wieder einmal weiß ich, warum mir dieser Job so gefällt.

Am Samstag waren die 8 Tage schon zu Ende. Wie immer vergeht die Zeit viel zu schnell…

 

Gerhardt und Brigitte haben eine Foto-CD erstellt, von der ihr einige Fotos in dem Link sehen könnt. Und Angelika hat ein persönliches Fotobuch unserer Reise kreiert. Wie herzig – Es spiegelt die Persönlichkeit dieser kurzen, aber intensiven Reise durch den Südwesten Englands so richtig schön wieder!

 

Überzeugt euch selbst anhand der tollen Bilder:

https://goo.gl/photos/kQRbjf8o5W4Lav777

 

Alles Liebe und danke für eure Zeit und euer Interesse an meinem Reisebericht.

Eure Lotti.